Vereinbarkeit jetzt!
Sarah's wortstarke Rede zum Nachlesen
Sarah hat uns beeindruckt mit ihrer DisruptHR Rede: Sie verschachtelt Wörter miteinander, die ineinander übergreifen, sich ergänzen und in einem Guss eine starke Botschaft haben: Drum hier die Abschrift ihrer Rede.
Sarah's DisruptHR Rede
Wir Eltern sollen arbeiten, als hätten wir keine Kinder und unsere Kinder aufziehen, als würden wir nicht arbeiten.
133 Tage.
Das ist die Zeit, die ich 2014 mit meinem Baby verbringen durfte. Ich und Malou. Das erste Kennenlernen, das erste Mal stillen, das erste Mal wickeln, die ersten Bauchkrämpfe, die ersten schlaflosen Nächte, das erste Lachen.
MANCHMAL KANN MAN NICHTS MACHEN AUSSER WEITER
133 Tage.
Das sind 98 Tage Mutterschutz und fünf Wochen Urlaub. Und es ist die Zeit, die reichen musste. Mir und Malou. Denn wenn ich meine Karriere nicht an den Nagel hängen wollte, dann war ab Tag 134 wieder Arbeit angesagt. Ich ohne Malou. Das erste Mal in die KiTa bringen, das erste Mal abpumpen, das erste Meeting als Mama, die ersten Überstunden. Das zweite Mal auf die Welt kommen.
UND JETZT TU ICH, WAS GUT FÜR MICH IST.
133 Tage.
Das ist die Zeit, die ich brauchte, um zu merken, dass Muttersein mich verändert hat. Dass Muttersein meine Sicht auf die Welt verändert hat. Dass Muttersein mich erfüllt, ich aber trotzdem mehr brauche. Dass ich liebe, was ich bin – und was ich tue. Dass ich nicht so viel Zeit und Geld in meine Karriere investiert habe, um jetzt damit aufzuhören.
PSSSST
133 Tage.
Das ist die Zeit, die ich brauchte, um zu merken, dass Vereinbarkeit in der Schweiz ein Märchen ist. Und dass wenn man daran glauben will, sich in einen ganz schön schmerzhaften Spagat begibt.
HAPPY PAPI TAG
1 Tag
Das ist die Zeit, die Christian 2014 mit seinem Baby verbringen durfte. Er und Malou. Das erste Kennenlernen – nein, viel weiter gings nicht. Denn es hiess für ihn: zurück zur Arbeit.
GANG USE
1 Tag
Das sind 24 Stunden. Und es ist die Zeit, die reichen musste. Ihm und Malou. Denn wenn er seine Karriere nicht an den Nagel hängen wollte – ah nein, darüber spricht ja in der Schweiz niemand. Denn auch heute ist es fast überall noch so: der Mann verdient das Geld, die Frau schaut auf die Kinder.
BREF, ON A QU’UNE VIE
1 Tag
Das ist die Zeit, die er brauchte, um zu merken, dass Vatersein ihn verändert hat. Dass Vatersein seine Sicht auf die Welt verändert hat. Dass Karriere ihn erfüllt, er aber trotzdem mehr braucht. Dass er liebt was er ist – und was er tut. Dass er nicht so viel Liebe in seine Familie investiert hat, um keine Zeit mit ihr zu verbringen.
LASS. ES. LOS.
1 Tag
Das ist die Zeit, die er brauchte, um zu merken, dass Vereinbarkeit in der Schweiz eine Geschlechterfrage ist. Und dass wenn man dies nicht akzeptieren will, sich ganz schön was anhören muss.
GLÜCKLICH SEIN. EINE MEINER BESTEN ENTSCHEIDUNGEN.
Die Frustration war also allgegenwärtig. Aber ich bin kein Mensch, der ein halbleeres Glas vor sich hat. Also habe ich entschieden, meine Situation zu verändern. Und ich habe mich selbstständig gemacht. Um mir etwas zu erschaffen, damit schaffen mehr Freude verschafft.
WE MAKE IT.
Doch das kann ja nicht die Lösung sein für alle Eltern da draussen. Deswegen müssen Lösungen her. Geschaffen von der Arbeitswelt – von Euch also, liebe HR-Leute. Denn Ihr steckt schliesslich in diesem immer wieder zitierten Krieg: dem War of Talents.
WIR SIND NICHT SO WEIT GEKOMMEN, UM NUR SO WEIT ZU KOMMEN.
Ja, ich weiss: Ihr habt kein Budget. Und ja, ich weiss: Veränderungen sind anstrengend. Und ja, ich weiss: es ist einfacher so weiterzumachen, wie es jetzt ist. Aber ich weiss auch: so kann es in der Schweiz nicht weitergehen.
WIESO EIGENTLICH NICHT?
Dieses Land gilt als fortschrittlich und arbeitnehmerfreundlich. Gleichzeitig leben wir das Arbeitsmodell der Vergangenheit. Von uns wird verlangt um 0800 im Büro zu sein oder um exakt 1200 Mittag zu machen – auch in Berufen, die per se flexibel wären.
DEIN GLÜCK DEINE VERANTWORTUNG
Dieses Land gilt als offen und frei. Und trotzdem sind wir oft in alten Rollenmustern gefangen. Wir massen uns an, über andere zu urteilen. Zu bestimmen, was für unseren Nachbarn, unseren Freund oder unseren Kollegen das für ihn perfekte Lebens- und Arbeitsmodell ist.
NON OF THAT WOULDA COULDA SHOULDA CRAP.
Dieses Land gilt als wohlhabend und sozial. Und trotzdem beklagen wir uns. Schimpfen – ja, das tun wir wahnsinnig gerne. Doch das muss aufhören. Denn wir können genau das alles tatsächlich sein: fortschrittlich, arbeitnehmerfreundlich, offen, frei, wohlhabend und sozial.
HOP… ON.
Wo also anfangen? Ich sage bei uns. Die Innovation gilt – wie man so schön sagt – als der Motor der Wirtschaft. Und die Innovation, sie geht vom Menschen aus. Der Mensch wiederum ist weit mehr als nur ein Arbeitstier. Er ist Mensch, er ist Familienmensch. Was uns wiederum zur Vereinbarkeit führt.
ADD A LITTLE CONFETTI TO EACH DAY
Die Politik ist langsam, den Arbeitnehmern sind die Hände gebunden – wer also hat die Macht? Es seid Ihr. Ihr, die in den HR-Abteilungen sitzt. Ihr, die einerseits nahe am Arbeitnehmer seid, andererseits nahe an den Geschäftsleitungen – oder gar darin einsitzt hält. Dieses Vereinbarkeitsthema ist allgegenwärtig: alle wollt ihr dafür etwas tun, doch niemand tut es tatsächlich
VERGISS NICHT ZU SPIELEN
Schafft Arbeitsmodelle, die flexibel sind. Erlaubt Gleitzeiten. Habt Verständnis für arbeitende Eltern – bis in die letzte Konsequenz. Und vor allem: habt Vertrauen in Eure Arbeitnehmenden. Glaubt ihnen, dass sie gut arbeiten und gute Eltern sein wollen
RUHE IST EINE SUPER KRAFT
Schafft Teilzeitstellen. Auch im Management. Denn wer hat bitte gesagt, dass man in einem Teilzeitpensum nicht führen kann? Und wer hat gesagt, dass eine Frau keine Verantwortung mehr übernehmen kann, nur weil sie jetzt Mutter ist? Schon mal überlegt, dass sie jetzt – wo sie Mutter ist – Verantwortung überhaupt erst begriffen hat?
SHARING IS CARING
Schafft eine Mindset-Änderung. Und ermutigt auch Männer, ihr Pensum zu reduzieren. In dem ihr daran glaubt, dass Vereinbarkeit eben keine Geschlechterfrage ist. Und Leadership eben auch nicht. Habt den Mut, endlich was zu ändern.
ICH GEH LEBEN.
10’600 Tage
Das sind die durchschnittliche Anzahl Tage, die ein Mensch in der Schweiz arbeitet. Die Malou vielleicht arbeiten wird. Ich hoffe, sie muss sich nie Gedanken darüber machen, ob sie Kind oder Karriere will – weil bis dahin alles Hand in Hand geht.
Über Sarah Steiner
Sarah ist studierte Journalistin und hat über 15 Jahre Erfahrung in Kommunikation und Marketing. Seit sechs Jahren weiss sie, dass es trotz aller Erfahrung, Kompetenzen und Ehrgeiz nicht einfach ist, den Spagat zu machen zwischen Kind und Karriere. Vor zwei Jahren hat sie entschieden, dass es nicht für immer so sein muss - und hat sich selbstständig gemacht: Sie hat einen Coworking Space mit Kinderbetreuung gegründet: „Tadah“.
Sarah Steiner im Interview
SPOT ON organisiert die DisruptHR Events in Zürich.