Arztzeugnisse - Folgen von Motivationsrisiken

Interview mit Vreni Schnyder

Wetten das der Titel deines Talks - stand heute - auf viel Echo stossen wird? Uns jedenfalls hat er “gepackt”, denn wir mutmassen, dass dieses Thema aktueller denn je ist. 

 Wie ist deine aktuelle Einschätzung? 

Das Thema ist nach wie vor aktuell. Ich stelle aber fest, dass gerade Mitarbeiter in Branchen die stark von Corona-Massnahmen betroffen sind, bedachter mit Arztzeugnissen umgehen im Wissen, dass ihnen unweigerlich die Kündigung ins Haus steht wenn sie zu lange fehlen. 

Unternehmen sind sensibler geworden und lösen Arbeitsverhältnisse nach Ablauf der Sperrfrist meist auf. 

Du wagst in deinem Vortrag einen direkten Link von Motivationsrisiken hin zu Absenzen. Krank ist, wenn ich wirklich nicht mehr kann und erst dann hole ich mir ein Arztzeugnis. Unabhängig von meiner Motivation. 

Ist diese Denkweise naiv oder sieht die Realität ganz einfach anders aus? 


(De)-Motivation eines Arbeitnehmers wirkt sich oft auf die Dauer einer Krankschreibung aus. Es ist bequemer, dem Arzt zu klagen «es gehe gar nicht mehr» als an der persönlichen Situation aktiv etwas zu verändern. 

Da Ärzte ihre Kundschaft nicht verlieren möchten, stellen sie solche Zeugnisse weiter aus. Klappt es mit Arzt A nicht mehr, wendet sich der Mitarbeitende einfach an Arzt B.

Dein Tipp für Recruiter, Bewerber*innen nach der Absenzenkarriere zu befragen und dies gar noch mittels mündlichen Referenzen nachzuprüfen, fanden wir überraschend.

Ist das rechtlich erlaubt?

Ja, das ist erlaubt denn ein potentieller neuer Arbeitgeber muss in der Lage sein, das Einstellungs-Risiko des betreffenden Mitarbeiters einzuschätzen. Nicht legitim ist, nach der Diagnose zu fragen. Je nach Reaktion von Kandidat und Referenz zieht man die richtigen Schlüsse.

In welchen Branchen werden gehäuft Arztzeugnisse für Arbeitsunfähigkeit ausgestellt?


Nach meinen Erfahrungen spielt die Branche eine sekundäre Rolle. Ich beobachte aber, dass in Betrieben in Restrukturierungsphasen / Umbrüchen gehäuft Arztzeugnisse ausgestellt werden. 

Weiter ist gerade bei jüngeren Arbeitnehmern festzustellen, dass sie zwischen Anstellungen, gern via Temporärbüros (wenig Fragen bei der Vermittlung), Arbeitslosenversicherung und Krankentaggeldversicherungen pendeln, mag eine Art von Lifestyle sein.  





Welche Employee Benefits Konzepte, die sich in der Praxis bewähren, empfiehlst du HR Verantwortlichen aktuell, um Absenzen einzudämmen?

Neben dem konsequenten Einholen von Referenzen inklusive Absenzkarriere sollte der aktuelle Versicherungsschutz gründlich geprüft werden:

Hat das Unternehmen wirklich das Versicherungskonzept, das zu seiner Firmenpolitik passt oder wurde ihm ein teures «nice to have» als «need to have» verkauft?

Zu hohe oder nicht koordinierte Versicherungslösungen schaffen falsche Anreize.



Über Verena "Vreni" Schnyder

Vreni ist Sozialversicherungsexpertin, hat langjährige Erfahrung im Thema HR Risk-Management und Personenschadenfälle.


Über DisruptHR

„Teach us something but do it quick“ – DisruptHR präsentiert weltweit inspirierende Speaker, die den Status quo hinterfragen und mit ihren Ideen in die Zukunft blicken.

SPOT ON organisiert dieses spannende Format in Zürich und bringt HR-Enthusiasten zusammen.

Verena Schnyder

Sozialversicherungsexpertin bei Schweizer Relocation GmbH & Freelancerin bei YOUR SOCIAL SECURITY

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