DisruptHR 2022: Arbeitszeugnisse - ein Relikt aus der Vergangenheit
Am 17. November 2022 fand zum 6. Mal der DisruptHR Event statt mit inspirierenden Speeches, Full-House und grossartiger Stimmung.
10 Speaker*innnen überzeugten mit ihren Ideen und Meinungen, wie wir dei Arbeitswelt verändern und bewegen können.
In seiner DisruptHR Rede geht Fabio Blasi der Frage nach, wozu Arbeitszeugnisse gut sind.
Fabio ist Leiter Sourcing & Employer Branding beim Kantonsspital in Aarau und seit über 11 Jahren in verschiedenen Fach- und Führungsrollen im Gesundheitswesen tätig. Seine Leidenschaft und Expertise gehört den Themen Personalgewinnung, Employer Branding, Social Media und Mitarbeitererhaltung.
Sollten wir Arbeitszeugnisse in die Rente schicken?
Fabio Blasi meint JA und hat fünf ziemlich überzeugende Aussagen, warum das traditionelle Arbeitszeugnis in Rente geschickt werden sollte.
Erstens sind Arbeitszeugnisse so ziemlich alle gleich, egal in welchem Unternehmen, in welcher Branche, welcher Arbeitsdauer oder in welcher Position. Sie sind wie eine Reihe von Einfamilienhäusern nebeneinander.
Zweitens sind sie ein Ballast. Ein Datenballast für Unternehmungen. Ein Unternehmen mit 5’000 Beschäftigten und einer Fluktuationsrate von 15% muss zum Beispiel 1’500 Zwischen- und Arbeitsberichte pro Jahr erstellen und verwalten. Das ist eine Menge an Druck-, Unterschrifts- und Scanarbeiten.
Aber das ist nicht nur für die Unternehmen lästig. Denn diesen Datenballast nehmen die Beschäftigten dann auch noch gleich mit in die gesamte Karriere - in manchen Fällen heisst das 50 Jahre lang, ohne dass sie jemals gelesen werden, meint Fabio zwinkernd.
Dazu kommt, dass Arbeitszeugnisse der grösste Widerspruch in der HR (Personalabteilung) Welt sind.
Einerseits sollen sie wahrheitsgetreu sein, andererseits wird von ihnen erwartet, dass sie nur Sonnenschein und Regenbögen sind, oder in den Worten des Experten, wohlwollend und vollständig.
Das führt dazu, dass die Leistung eines Mitarbeiters als gut beschrieben sein kann, sein Verhalten aber als schlecht oder umgekehrt. Wer würde jemanden mit diesen widersprüchlichen Eigenschaften einstellen wollen?
Und vergessen wir nicht den Faktor Druckmittel. Arbeitgeber können Arbeitszeugnisse als Drohung einsetzen, indem sie den Arbeitnehmern eine schlechte Beurteilung androhen, wenn sie sich nicht an die Vorgaben halten. Auf der anderen Seite können Arbeitnehmer/innen ein Arbeitszeugnis innerhalb von 10 Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen anfechten, was zu ständigen Spannungen führt.
Die Sinnfrage - Generieren wir mit Arbeitszeugnissen im HR wirklich einen Mehrwert?
Fabio beantwortet das mit einem klaren Nein. Er schätzt sogar, dass die Erstellung und Pflege von Arbeitszeugnissen die Personalabteilungen 2 Vollzeitstellen pro Jahr kostet.
Was ist also die Lösung?
Fabio schlägt zwei Alternativen zu den traditionellen Arbeitszeugnissen vor: eine einfache Arbeitsbestätigung, wie eine elektronische Zeitkarte, oder freiwillige Referenzschreiben, die von allen ausgestellt werden können, von Vorgesetzten bis Lieferant:innen und für die keine Regeln gelten.
Beide Optionen wären einfacher zu erstellen und zu pflegen und könnten möglicherweise wertvollere und genauere Informationen über die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Arbeitnehmenden liefern.
Alles in allem lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob das traditionelle Arbeitszeugnis auf dem modernen Arbeitsmarkt noch relevant ist, oder ob es uns nur behindert und Unternehmen und Arbeitnehmenden unnötige Kopfschmerzen bereitet. Viel eher sollten sie für die Personalerhaltung, Personalmotivation und Personalgewinnung eingesetzt werden.
Unsere Sponsoren
Ein grosses Dankechön geht an unsere Sponsoren Bontique, Inolution, HR Campus und Pidas AG!
Über DisruptHR
„Teach us something but do it quick“ – DisruptHR präsentiert weltweit inspirierende Speaker, die den Status quo hinterfragen und mit ihren Ideen in die Zukunft blicken.
SPOT ON organisiert dieses spannende Format in Zürich und bringt HR-Enthusiasten zusammen.