Sarah Steiner über Vereinbarkeit
Interview mit Sarah Steiner
Wie sieht es aktuell mit der Vereinbarkeit von Muttersein und Job aus?
Bei mir persönlich? Eigentlich gut. Wenn auch ein Startup durch die Corona-Zeit zu schiffen nicht ohne ist.
Und ja, die Selbstständigkeit bringt viel Freude und auch viel Flexibilität. Sie bringt aber auch viel Verantwortung und Arbeit. Was wiederum heisst, dass es mit der Vereinbarkeit nicht immer einfach ist. Aber es ist alles eine Frage der Organisation. Und ich habe das Glück sowohl ein fantastisches privates Umfeld zu haben als auch geschäftlich das beste Team der Welt.
Bei vielen anderen? Ich denke noch immer nicht gut. Wir hinken in der Schweiz extrem hinterher. Karriere und Kind – viele haben das Gefühl resp. es wird ihnen das Gefühl gegeben, dass man das nicht kann. Das liegt auch daran, dass viele Unternehmen noch nicht angekommen sind in dieser Welt der Generation Y.
Die Bedürfnisse dieser Generation an die Arbeit, an das Leben sind anders. Man muss sie berücksichtigen, Lösungen schaffen. Wir bieten hier Hand. Und stehen den Unternehmen beratend zu Seite.
Du sprichst in deiner Rede von 1 Tag Papi-Zeit nach der Geburt. Wie siehst du die gesetzlichen Veränderungen, die es seither gegeben hat? Wie weit sind wir in der Schweiz wirklich gekommen?
Ganz ehrlich? Nirgends hin sind wir gekommen. Wir feiern uns als soziales Land und sind so stolz darauf, dass 60% der Stimmbürger ja gesagt haben zu zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Zwei Wochen, 60%. Ich kann gar nicht viel mehr dazu sagen. Ich empfinde es als Armutszeugnis.
Wieso schaffen wir es nicht, das Leben als Ganzes zu sehen?
Wir sind alles Individuen, die versuchen unsere Leben für uns so zu gestalten, dass es uns glücklich macht. Mit Kind, ohne Kind, mit einer Arbeit, mit viel Verantwortung oder auch wenig, mit Ambitionen im Beruf oder auch nicht… Vereinbarkeit heisst auch Individualitäten fördern – und sie als Chance ansehen.
In welchen Bereichen beobachtest du gerade wichtige Innovation und Fortschritt bezüglich Vereinbarkeit?
Viele Unternehmen haben in der Krise zwei Dinge realisiert: Remote Work ist möglich. Flexibles Arbeiten führt zu Produktivität. Und: Eltern haben Kinder. Und damit gewisse Herausforderungen und Bedürfnisse. Auf diese geht man als guter Arbeitgeber ein, damit man eben gute Arbeitnehmer hat.
Ich bin überzeugt, dass es den Unternehmen hilft, wenn sie Vereinbarkeitsstrategien entwickeln, die messbar sind. Wir müssen weg von den Lippenbekenntnissen hin zu einer Kultur, in der wir Eltern als Arbeitnehmer betrachten, die extrem viele Fähigkeiten haben – weil sie Eltern sind.
Was ist deine wichtigste Erkenntnis als Mutter, als Entrepreneurin, als Mensch seit März 2020?
Der plumpste Spruch ever folgt: Krisen sind immer auch Chancen – für mich als Mutter, als Unternehmerin und vor allem als Mensch, denn das bin ich ja in erster Linie, egal in welche Rolle ich schlüpfe. Ich hoffe, dass die Krise uns nachhaltig verändern wird. Dass gewisse Muster wirklich durchbrochen werden, weil es eben gut ist, dass man sie durchbrochen hat.
Auf welche bedeutende Veränderung werden wir Ende 2021 HR-technisch zurückblicken?
Es wird eine drastische Minimierung der Arbeitsflächen geben, die Unternehmen für ihre Mitarbeitenden zur Verfügung stellen. Das birgt Herausforderungen in der Kommunikation. Und es führt dazu, dass man seinen Mitarbeitenden vertrauen muss. ENDLICH.
Über Sarah Steiner
Sarah ist studierte Journalistin und hat über 15 Jahre Erfahrung in Kommunikation und Marketing. Seit sechs Jahren weiss sie, dass es trotz aller Erfahrung, Kompetenzen und Ehrgeiz nicht einfach ist, den Spagat zu machen zwischen Kind und Karriere.
Vor zwei Jahren hat sie entschieden, dass es nicht für immer so sein muss - und hat sich selbstständig gemacht: Sie hat einen Coworking Space mit Kinderbetreuung gegründet: „Tadah“.
Schaue dir ihre wortstarke Rede zum Thema an: Vereinbarkeit jetzt!