CV Is Dead
Interview mit Edda Rettinger
In deiner Rede forderst du für Rekrutierung von Mitarbeitenden ein Umdenken: Weg von der Bewerbung mit Motivationsschreiben, CV, Referenzen, Zeugnis. Weg von komplizierten Rekrutierungstools. Hin zur einfachen One-Click-Bewerbung via Social Media Profil.
Warum ist das Umdenken in der Rekrutierung so langsam?
Jede Veränderung ist erst Mal mit Mehrarbeit verbunden. Warum lieb gewonnene und bewährte Prozesse aufgeben, wenn es doch irgendwie funktioniert.
Ist ein Motivationsschreiben denn nicht wichtig, um zu erfahren, was den Bewerbenden am Job und am potentiellen Arbeitgeber interessiert?
Idealerweise sollte aus dem Lebenslauf deutlich werden, warum jemand "Perfect Match" ist. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass jede/jeder aktiv Bewerbende am Job und dem Arbeitgeber interessiert ist.
Sollte deiner Meinung auch das Arbeitszeugnis abgeschafft werden?
Es besteht die Pflicht des Arbeitgebers zum "wohlwollenden" Arbeitszeugnis, um dem Arbeitnehmer keine Zukunftschancen zu verbauen. Falls dies nicht möglich ist, dann besteht der Anspruch auf ein objektiv wahres – nicht zwingend gutes – Arbeitszeugnis.
Somit sind Arbeitszeugnisse häufig sehr blumig formuliert und ein absolviertes Praktikum im Finance tönt schon mal nach einer CFO-Funktion. Viel aussagekräftiger sind mündliche Referenzen von im Job-Kontext relevanten Personen.
Die 1-Click Bewerbung ist das Zauberwort für eine einfache Rekrutierung, in der die Bewerbenden im Zentrum stehen. Viele Rekrutierer fragen sich hierbei, wie sie die Bewerbungen einerseits tracken und andererseits managen sollen.
Inwieweit müssen sich die internen Prozesse bei Unternehmen verändern?
Grundsätzlich ist es gut, die Eintrittshürde niedrig zu halten und aktive Bewerber zu ermutigen sich mit 1-Click und z.B. ihrem aussagekräftigen Social Media Profil zu bewerben.
Auf der anderen Seite müssen auf der Seite des Unternehmens die Prozesse kostengünstig und effizient gehandelt werden, beispielsweise durch automatisierte Prozesse wie Parsing.
Inwiefern sollte deiner Meinung nach die Linie in Verantwortung genommen werden?
Grundsätzlich sollte die Linie immer mit in die Verantwortung genommen werden. Recruiting ist Team-Sport. Jedoch geht es nicht darum eins zu eins die Aufgaben von HR in die Linie zu verlagern.
Ziel ist es wertschöpfende und von der Candidate-Experience geprägte, effiziente und gerne auch digitale Prozesse zu entwickeln, die eine Begegnung zwischen Kandidaten und Arbeitgeber auf Augenhöhe ermöglichen.
Lange war die Rede von der “Skill-basierten” Bewerbung. Heute ist wieder vermehrt das Matching zwischen Werten der Kandidaten und Kultur der Arbeitgeber im Fokus.
Best of both worlds: Werte und Kultur müssen passen. Und auch die Skills können entscheidend sein.
Über Edda Rettinger
Edda Rettinger lebt und atmet Talent Acquisition und Sourcing seit mehr als 14 Jahren. Seit 2013 ist Edda bei der Swisscom, wo sie nach Stationen im HR nun direkt im Business tätig ist: In der Digital Business Unit von Swisscom liegt Edda's Fokus auf der Talent Attraction für Startups, Ventures und New Companies.
Neben Active Sourcing & Employer Branding lassen Social Media und HR IT Technology ihr Herz höher schlagen. Eine weitere Leidenschaft ist Reisen, Golf spielen und Hard-Rock/Dark Wave Concerts besuchen – am liebsten alles gleichzeitig.
Über DisruptHR
„Teach us something but do it quick“ – DisruptHR präsentiert weltweit inspirierende Speaker, die den Status quo hinterfragen und mit ihren Ideen in die Zukunft blicken.
SPOT ON organisiert dieses spannende Format in Zürich und bringt HR-Enthusiasten zusammen.