Standortgespräch am Kinderspital

Artikel von Désirée Nater

Zum gleichen Thema hält Désirée in ihrer DisruptHR Rede fest, warum sie das Standortgespräch am Kinderspital Zürich revolutioniert haben. 

Einführung Standortgespräch am Kinderspital Zürich – was bisher geschah

Freuen Sie sich aufs nächste Mitarbeitergespräch? 

Wenn ja, Gratulation! Umfragen zufolge verstehen die meisten Vorgesetzten, Mitarbeitenden und HR-Fachpersonen das herkömmliche Mitarbeitergespräch als reine Pflichtübung. 

Bei uns im Kinderspital Zürich war das nicht anders. Wir fühlten uns mit dem bisherigen System nicht mehr wohl, es wurde sozusagen von der Veränderung der Arbeitswelt überholt.

Unser Wunsch: Dialog auf Augenhöhe

Unser kühner Wunsch war es ein System zu schaffen, das bei der Anwendung Freude macht. Wir wollten mit der bisherigen Unlust brechen, die mit dem Pflichtübungsgedanke an das jährliche Qualifikationsgespräch einherging. 

Mit einer interdisziplinären Gruppe bestehend aus Mitarbeitenden und Vorgesetzten hatten wir eine neue Lösung für das Mitarbeitendengespräch diskutiert und schliesslich gefunden; das «Standortgespräch», wie wir es heute nennen. 

Wir wollten wegkommen vom bisherigen Monolog der Vorgesetzten und alles dafür tun, dass künftig ein Dialog zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden stattfindet. Denn Dialog bedeutet Wertschätzung. 

Unsere konkreten Ziele

Schnell waren wir uns als Arbeitsgruppe einig darüber, dass wir folgende Eckpunkte anstreben:

  • Leistung im Dialog beurteilen statt Noten geben

  • Auf Augenhöhe sprechen statt Lehrer-Schüler-Situation inszenieren

  • Themen individuell festlegen statt nach fixem Beurteilungsraster vorgehen

  • Echten Austausch ermöglichen statt Bewertung in den Mittelpunkt stellen

  • Unternehmensziele einbeziehen

Führungskräfte allen Alters konnten gut auf die herkömmlichen Zeugnisse im Mitarbeitendergespräch verzichten.

Nach unserem Pilotversuch im 2018 war schnell klar: Von der Pflege über die Ärzteschaft, vom Koch zur Therapeutin; am Kinderspital Zürich waren alle Berufsgruppen gegenüber dem neuen Standortgespräch sehr offen eingestellt. 

Und das war auch keine Generationenfrage: Führungskräfte allen Alters konnten gut auf die herkömmlichen Zeugnisse im Mitarbeitendergespräch verzichten. 

Überhaupt zeigte sich, dass 95 Prozent der Vorgesetzten im Pilotversuch das neue Verfahren begrüssten. Das Aufatmen, dass der alljährliche Fight um die «Benotung» endlich vorbei ist, war deutlich zu spüren.

25 Themenkarten für das Standortgespräch

Im Standortgespräch gibt es 25 Themenkarten. Ein zusätzliches Thema gibt die Geschäftsleitung jährlich vor – 2019 war es die «Wertschätzung», im 2020 war es die «Dienstleistungsorientierung». 

Diese Karte wird bei jedem Standortgespräch diskutiert. Die anderen Themen/Karten, die auf den Tisch kommen, wählen die Vorgesetzten selber. Und dies jedes Jahr aufs Neue. 

So entsteht auch für langjährige Mitarbeitende keine Monotonie. Wir verzichten bewusst darauf Regeln vorzugeben, etwa bei der Anzahl der zu besprechenden Themen.

Ausprobieren – Feedback – Optimieren

So lautet die Empfehlung. Auch die Mitarbeitenden machen sich im Vorfeld Gedanken darüber, welche Themen sie am Gespräch einbringen möchten. Das hilft die Mitarbeitenden noch aktiver in den Dialog einzubinden. Das Besprochene dient als Basis für die gemeinsame Erarbeitung der nächsten Jahresziele oder Schwerpunkte. 

Unsere Vorgesetzten werden in einer einstündigen Schulung fit für das neue System. Diese kurze Einführung kommt sehr gut an. 

Mit dem neuen Standortgespräch haben wir am Kispi also offene Türen eingerannt. Sowohl Führungspersonen als auch Mitarbeitende vermissen die herkömmliche Bewertung mit A, B, C und D nicht. 

Eine Rückmeldung zur Leistung ist und bleibt wichtig. Doch nicht mit Noten – was zählt, ist der Dialog. Und mit den Themenkarten stellen wir nun eine inhaltliche Struktur bereit, um diesen Dialog zielführend, wertschätzend und regelmässig zu führen.

Es macht wenig Sinn ein „HR-Ding“ zu kreieren, das später keine Akzeptanz findet.

Wir werden oft gefragt, was wir rückblickend anders machen würden. Es wäre Klagen auf sehr hohem Niveau, wenn wir mögliche kleine Verbesserungen nennen würden. 

Grundsätzlich können wir Unternehmen, welche einen ähnlichen Weg einschlagen möchten nur ermutigen, zusammen mit ihren internen „Kunden“ über ein neues System zu brainstormen. Es macht wenig Sinn ein „HR-Ding“ zu kreieren, das später keine Akzeptanz findet. Das ist im Nachhinein betrachtet sicherlich einer unserer grössten Erfolgsfaktoren. 

Auch war es wertvoll das System zuerst in einer Pilotgruppe zu testen. Diese Schlaufe hatten wir nicht von Anfang an geplant sondern wir wurden von unserer Geschäfsleitung dazu aufgefordert, das neue System auszuprobieren. Das war rückblickend sehr wertvoll. Nicht zuletzt deshalb, weil im Pilotjahr das Buschtelefon über das neue Mitarbeitendengespräch richtig heiss lief und sich immer mehr Vorgesetzte am Pilot beteiligen wollten.  

Fazit

Wir sind nach wie vor sehr zufrieden mit dem Standortgespräch so, wie wir es Anfang 2019 breitflächig einführten. Auch planen wir keine digitale Transformation des Systems wie dies in anderen Unternehmen vorgenommen wird. 

Bei uns steht die Interaktion zwischen Menschen im Zentrum unseres Auftrags; diese wollen wir auch im Jahresgespräch leben und damit persönliche Wertschätzung zum Ausdruck bringen.

Désirée Nater

HR Bereichsleiterin beim Kinderspital Zürich
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